Corona vs. Datenschutz

Es treibt mich in den Wahnsinn, dass wir jedesmal das gleiche Spiel sehen: Ständig wird ein reales Versäumnis in der öffentlichen IT damit erklärt, es wäre der übertriebene deutsche Wunsch nach Datenschutz, der einer ordentlichen Lösung im Weg stünde. Man müsste nur den aufgeben und sich ein bisschen mehr wie China, Verzeihung, Taiwan verhalten und damit anfreunden, dass wir nur mehr Überwachung durchführen und Daten zentral abgelegen müssten, dann wäre alles so viel besser.

Bullshit.

Man könnte sehr viele Dinge verbessern. Aktuell am Beispiel des Corona-Kontakt-Tracings: Vielleicht könnte man als erstes einmal die Fax-Schnittstellen loswerden, auf die viele der Gesundheitsämter heute noch angewiesen sind. Man könnte dazu die Ämter mit einer guten Software-Lösung ausstatten, die z.B. von den Ländern mandantenfähig betrieben wird, mit klarer Isolation der Daten einzelner Ämter voneinander. Personen, die für ein Gesundheitsamt arbeiten, könnten diese Anwendung auch aus dem Home-Office benutzen (ein nahezu revolutionärer Gedanke, ich weiß). Diese Anwendung könnte eine out-of-the-box funktionierende Schnittstelle zur Corona-App haben. Sie könnte an die Labore angebunden sein (bzw. eine Standard-API zur Verfügung stellen, die von gängigen Labor-Lösungen verwendet werden könnte). Die Corona-App könnte um ein freiwilliges, explizites Kontaktprotokoll-Feature erweitert werden – bei einem Treffen könnten alle Beteiligten von ihrer App kurz gefragt werden, ob sie das Treffen lokal (dezentral) ablegen wollen (mit Einwilligung der Beteiligten spricht überhaupt nichts dagegen; das gilt übrigens für die meisten Datenschutzthemen, wenn man sich eine explizite Einwilligung zur Nutzung von Daten holt, an denen man ein berechtigtes Interesse hat). Restaurants (wenn sie denn wieder geöffnet sind) könnten einen 2D-Barcode am Eingang platzieren, den man mit der App scannen kann, um den eigenen Besuch dort ins Protokoll zu schreiben.

Ergeben diese Vorschläge Sinn? Ehrlich gesagt: Ich bin nicht sicher, sie sind das Ergebnis eines einminütigen Brainstormings und der Teufel steckt (wie immer) im Detail. Aber der Punkt ist: Es steht uns nicht der Datenschutz im Weg, sondern der mangelnde Wille, mehr zu tun.